Festrede zum 16. Hambacher
Bikerfest am 2. August 2014 |
Sehr
geehrte Damen und Herren, liebe Bikerinnen und Biker,
bereits
zum sechzehnten Mal versammeln wir uns hier am Hambacher Schloß, um unter dem
Motto „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“ unsere Stimme als mündige
Bürger und Motorradfahrer zu Gehör zu bringen.
Wie
üblich, möchte ich zum Einstieg noch einmal kurz erläutern, wer Euer Gastgeber
bei dem heutigen Event ist. Das Hambacher Bikerfest wird von der MID, ausgeschrieben
„Motorrad Initiative Deutschland e.V.“, veranstaltet. Die MID wurde 1997
gegründet und ist das Koordinierungsgremium der deutschen Motorradfahrerverbände.
Mit der MID haben wir eine Plattform geschaffen, gemeinsame Positionen zu motorradpolitischen
Themen zu erarbeiten und die politische Arbeit der Fahrerverbände zu koordinieren.
Das
ist nicht immer einfach und gelingt auch nicht in allen Fällen. Wenn die
politische Arbeit der Fahrerverbände aber kein Beschäftigungstherapie, sondern
wirksame Vertretung der Interessen aller motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer
sein soll, ist eine Vielzahl von Einzelmeinungen wenig hilfreich. Ernst
genommen werden wir nur dann, wenn wir mit einer Stimme sprechen. In der MID
haben alle Verbände die Chance, sich wirksam einzubringen, egal ob groß oder
klein. Der gemeinsame Auftritt verleiht uns ein Gewicht, das ein einzelner Verband
nie erreichen könnte. Über die MID können wir zudem unsere knappen Ressourcen
bündeln. Denn alle Fahrerverbände sind Freiwilligenorganisationen mit sehr begrenzten
personellen und finanziellen Möglichkeiten.
Die
MID ist seit Jahren kompetente und verläßliche Ansprechpartnerin der Politik,
der Behörden und der Öffentlichkeit. Mit unseren Positionspapieren zum
„Vorbeifahren an Kolonnen“ und zur Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie
in deutsches Recht haben wir bewiesen, daß die Fahrerverbände einen wichtigen,
fachlich fundierten Beitrag zu Gesetzgebungsverfahren liefern können. Die MID
ist also die Verkörperung des alten Sponti-Spruchs: „gemeinsam sind wir
unausstehlich“.
Entstanden
ist das Hambacher Bikerfest vor 15 Jahren aus einer Veranstaltung der
Sportgemeinschaft Stern, der Betriebssportgruppe der damaligen Daimler Chrysler
AG. Seither hat sich „Hambach“ zu einem Begriff in der Motorrad-Community und
zum bundesweit beachteten Event der Fahrerverbände entwickelt. 2010 konnten wir
unser Veranstaltungskonzept auf einer internationalen Motorradfahrerkonferenz
der EU-Kommission vorstellen und einer Delegation US-amerikanischer Straßenbauer
präsentieren. Ohne große Übertreibung kann man also sagen: die Welt schaut auf
unser Bikerfest am Hambacher Schloß. Und das trotz der nicht immer einfachen
Rahmenbedingungen, mit denen wir leben müssen. Denn als „Hobby-Politiker“ stoßen
wir manchmal auch an die Grenzen unserer Möglichkeiten. Wir können also wirklich
stolz darauf sein, was wir in all den Jahren erreicht haben.
Was
macht das Hambacher Bikerfest so besonders? Zum einen natürlich der Bezug zum
historischen Hambacher Fest von 1832, das deutsche Demokratiegeschichte
schrieb. Damals wie heute zogen die Teilnehmer hinauf zum Hambacher Schloß, um ihre
politischen Forderungen zu stellen. Damals wie heute gab es politische Festreden
auf dem Schloßberg, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Und damals
wie heute kam das Feiern nicht zu kurz. Von Motorrädern war damals aber noch
nicht die Rede. Denn die wurden erst später erfunden.
Das
Hambacher Bikerfest ist aber nicht nur eine Demonstration für die Rechte von
Motorradfahrern. Wir wollen nicht nur auf Mißstände aufmerksam machen, sondern
positive Zeichen setzen. Mit den externen Festvorträgen, von Beginn an fester Bestandteil
unseres Konzepts, bieten wir eine Plattform, ermutigende Beispiele vorzustellen,
wie die Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen auch für die besonders
gefährdete Gruppe der motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer verbessert werden
kann.
In
den letzten Jahren wurden zudem zehn Städte und Gemeinden, von Eckernförde bis Garmisch,
von der MID als „Motorradfreundliche Stadt in Deutschland“ ausgezeichnet, ein
in Europa bis heute einmaliger Titel. 2004 wurde erstmals eine Behörde, die
Niederlassung Euskirchen des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen, als
besonders motorradfahrerfreundlich ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung
wollen wir zur Nachahmung anregen, wie sich an der Zahl der Preisträger zeigt,
mit beachtlichem Erfolg.
Wie
schon angesprochen, lautet das Motto des Hambacher Bikerfests „für Verkehrssicherheit
- gegen Diskriminierung“. Beim Thema „Verkehrssicherheit für Motorradfahrer“
hat es in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gegeben. Seit Jahren sind
die Unfallzahlen auf Deutschlands Straßen rückläufig, auch in der Gruppe der
motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer. So sank die Zahl der im Straßenverkehr
getöteten Motorradfahrer zwischen 1995 und 2013 von 912 auf 568. Das ist ein
Rückgang von fast 40 %. Erweitert man den Betrachtungszeitraum auf die letzten gut
30 Jahre, also von 1980 bis 2013, ist die Zahl der Getöteten sogar um knapp 2/3
gesunken.
Berücksichtigt
man darüber hinaus die seit Jahren steigende Zahl zugelassener Fahrzeuge auf
zwei und drei Rädern, sieht das Bild noch besser aus. Seit 1995 hat sich deren
Fahrzeugbestand fast verdoppelt. 40 % weniger Tote bei doppelt so vielen
zugelassenen Fahrzeugen: das ist mehr als erfreulich. Leider berichtet man darüber
nur sehr selten in den Medien. Dort wird viel lieber über die „hirnlosen Raser“
und „potentiellen Organspender“ schwadroniert.
Natürlich
ist jeder Verkehrstote ein Toter zu viel, egal ob er im Auto, als Fußgänger
oder als Motorradfahrer ums Leben kommt. Nach den Erfolgen der Vergangenheit
wird es immer schwieriger, die Unfallzahlen und damit auch die Zahl der
getöteten Motorradfahrer weiter deutlich zu senken. Denn bei den Größenordnungen,
über die wir mittlerweile sprechen, spielen statistische Schwankungen schon
eine maßgebliche Rolle.
Gute
Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Motorradfahrern gibt es
viele. Leider erleben wir aber immer wieder, daß gut gemeint und gut gemacht
zwei völlig unterschiedliche Dinge sein können. In den letzten Jahren hat sich
in der EU-Kommission ein unheilvoller Aktionismus zu dem Thema breit gemacht,
der unmittelbare Auswirkungen auf die Gesetzgebung in Deutschland hat. Als Beispiele
seien hier die neuen Führerscheinregeln, die Vereinheitlichung der Hauptuntersuchung
bei Kraftfahrzeugen, über die ich in den letzten Jahren berichtet hatte, oder
ein ganz aktueller Ansatz zur verpflichtenden Einführung genormter Schutzbekleidung
für Motorradfahrer genannt.
Ich
will mich nicht am derzeit ziemlich populären EU-Bashing beteiligen. Aber glaubt
jemand allen Ernstes, daß einheitliche Regeln vom Nordkap bis zum Peleponnes zu
jedem Thema, das Motorradfahrer betrifft, der richtige Weg ist? Ein kleines
Beispiel: in Schweden hatten in den letzten Jahren ein Drittel aller getöteten
Motorradfahrer keinen Motorradführerschein und waren in vielen Fällen unter dem
Einfluß von Alkohol und / oder Drogen unterwegs, bei uns in Deutschland und auch
in anderen europäischen Ländern ein völlig unbekanntes Problem. Um ein Problem
zu lösen, das es in vielen Ländern Europas gar nicht gibt, brauchen wir da
europaweite Regeln? Leider ist das Beispiel kein Einzelfall. Das Lösen von
Problemen, die es nicht gibt, hat sich offenbar zum neuen Hobby in der EU
entwickelt. Haben die in Brüssel nicht Wichtigeres zu tun? Wundert sich da noch
jemand darüber, daß die EU-Institutionen in der Bevölkerung ständig an Ansehen
verlieren?
Eine
gute Investition in die Verkehrssicherheit von Motorradfahrern ist dagegen die
Verbesserung der Straßeninfrastruktur. Im Oktober 2007 wurde das sogenannte
MVMot, das „Merkblatt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Motorradstrecken“
der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, veröffentlicht. An
der Erstellung des MVMot haben wir als MID intensiv mitgearbeitet. Das Merkblatt
hat für den Straßenbau und die Straßenunterhaltung neue Maßstäbe gesetzt. Heinrich
Bergerbusch hat vor drei Jahren an dieser Stelle über die positiven Erfahrungen
mit dem Einsatz des MVMot in Nordrhein-Westfalen berichtet.
Der
neu aufgelegte „Arbeitskreis Motorradsicherheit“ der FGSV, in dem wir als Vertreter
der Motorradfahrer wieder aktiv mitarbeiten, beschäftigt sich seit knapp vier
Jahren mit der Weiterentwicklung und der weiteren Verbreitung des MVMot. Denn
in einer ersten Bestandsaufnahme wurde festgestellt, daß nur wenige
Bundesländer das MVMot verbindlich eingeführt hatten oder wenigstens danach
arbeiten. Seit Juni 2013 gibt es einen Einführungserlaß des
Bundesverkehrsministers für das MVMot, der für alle Autobahnen und
Bundesstraßen gilt. Die Länder werden in dem Erlaß aufgefordert, sich in ihrem
Verantwortungsbereich, sprich für alle Landesstraßen, anzuschließen. Das sind
doch wirklich mal gute Neuigkeiten. Da sage noch mal einer, das Bohren dicker
Bretter in der Politik wäre Zeitverschwendung. Den Gegenbeweis haben wir nun in
Händen.
Wir
Fahrerverbände stellen uns aber auch in anderer Form unserer Verantwortung für
die Verkehrssicherheit. In der öffentlichen Diskussion über vermeintliche „Motorradraser“
wird häufig verschwiegen, daß mehr als die Hälfte der getöteten Motorradfahrer/innen
ohne eigene Schuld ums Leben kommen. Sie werden von anderen Verkehrsteilnehmern,
im Regelfall von unaufmerksamen PKW- und LKW-Fahrern aus dem Leben gerissen.
Ich hatte in den letzten Tagen die Auswertung eines Bundeslandes über die
tödlichen Motorradunfälle im ersten Halbjahr 2014 in der Hand. Natürlich gibt
es darunter Fälle, in denen Motorradfahrer die Kontrolle über ihr Fahrzeug
verloren haben, zum Teil sogar aus purem Leichtsinn, und bei der Kollision mit
anderen Fahrzeugen oder der Straßeninfrastruktur starben. Aber es gibt eben
auch: Traktor-Fahrer übersieht beim Kreuzen einer Bundestraße Motorrad,
PKW-Fahrer übersieht beim links abbiegen entgegenkommendes Motorrad, LKW-Fahrer
übersieht beim links abbiegen auf einen Parkplatz entgegenkommendes Motorrad,
PKW-Fahrer biegt auf die Vorfahrtsstraße ein und übersieht nahendes Motorrad.
Mit
der aktiven Unterstützung von Verkehrssicherheitsaktionen der Polizei und anderer
Institutionen leisten wir seit Jahren einen Beitrag, die eigene Klientel zu
vorausschauender und defensiver Fahrweise anzuhalten. Über unsere Beiträge zur
Kampagne „Runter vom Gas“ hatte Sandra Demuth vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat
im Jahr 2012 an dieser Stelle berichtet. Das Comic-Heft der Kampagne zum Thema
Motorradsicherheit, mit unserer Hilfe entwickelt, wird auf unseren Infoständen
verteilt und hat sich zum absoluten Renner auf Motorradmessen und Veranstaltungen
entwickelt.
Gerade
die Zusammenarbeit mit dem DVR hat gezeigt, daß es viele gute Ansätze gibt, mit
unserer Unterstützung die „Zielgruppe Motorradfahrer“ richtig anzusprechen. Ich
bin mir sicher, daß wir auch in der Zukunft einen wichtigen Part dazu
beisteuern werden. Denn wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie mancher
Motorradfahrer mit dem Drehen am Zündschlüssel offenbar auch sein Gehirn
ausschaltet.
Stolz
sind wir auch auf den ersten Preis im Ideenwettbewerb „Sicher auf Landstraßen“
des Bundesverkehrsministeriums, mit dem das von der Biker Union entwickelte
Konzept der sogenannten Bitumenrallyes im letzten Jahr ausgezeichnet wurde. Die
Grundidee ist, auf einer gemeinsamen Ausfahrt den Straßenzustand zu überprüfen
und Gefahrstellen für Motorradfahrer zu dokumentieren. Im Fachjargon der
Verkehrsingenieure heißt so etwas „Bestandsaudit“, allerdings aus dem
Blickwinkel des motorisierten Zweiradfahrers als Benutzer der Straße. Die
notwendigen Unterlagen stehen auch weiterhin im Internet zum Download zur Verfügung.
Nicht nur die Fahrerverbände, sondern auch Motorradclubs, freie
Motorradstammtische und Einzelpersonen haben sich bereits beteiligt. Ergebnisse
sind zum einen die Aufnahme von Problemstellen und die Festlegung der
erforderlichen Maßnahmen zur Problembehebung, aber auch das Schärfen des Blicks
der Profis im Straßenbau und der Straßenunterhaltung für die spezifischen
Probleme des motorisierten Zweirads.
Wie
schon zweimal erwähnt, steht auch das sechzehnte Hambacher Bikerfest unter dem
Motto „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“, zwei Begriffe, die auf
dem ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Über Verkehrssicherheit habe
ich bereits ausführlich gesprochen. Diskriminierung von Motorradfahrern: ist
das überhaupt ein Thema? Die Zeiten, daß Motorradfahrer als arme Schlucker
galten und bei der Zimmersuche im Hotel abgewiesen wurden, sind doch schon
lange vorbei.
In
vielen Bereichen mag das stimmen. Eine krasse Form der Diskriminierung aller
Motorradfahrer stellt aber seit Jahren das Thema Streckensperrungen dar. Unsere
Verfassung garantiert das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Dazu
gehört, daß wir als Bürger das Recht auf einen Ausflug auf öffentlichen Straßen
auch in die Naherholungsgebiete haben und daß uns dabei die Wahl des Verkehrsmittels
freisteht. Soweit die Theorie.
In
der Praxis sieht das in vielen Gegenden unserer Republik anders aus. Kann sich
der PKW-Fahrer weitgehend ungehindert durch deutsche Lande bewegen, endet der
Ausflug des Motorradfahrers am Wochenende an vielen Stellen vor einem „Einfahrt
Verboten“-Schild, das nur für motorisierte Zweiräder gilt. Streckensperrungen
nur für Motorradfahrer sind in vielen, landschaftlich reizvollen Gegenden eher
die Regel als die Ausnahme.
In
den letzten Jahren ist es uns in Zusammenarbeit mit den zuständigen Straßenbauverwaltungen
gelungen, an vielen Stellen der Bundesrepublik geplante Streckensperrungen zu
verhindern. Als Beispiel seien hier die L 755 bei Altenbeken in der Nähe von
Paderborn, das Gelbachtal im Westerwald sowie der Knotenpunkt L 165 / K 49 / K
53 in der Nähe von Euskirchen genannt.
In
allen genannten Fällen wurden die Unfallzahlen als Grund für die geforderten
Streckensperrungen angeführt. Schaut man jedoch genauer hin, bricht diese Argumentation
schnell in sich zusammen. Allen genannten Strecken ist gemeinsam, daß es sich
um sogenannte „Motorradstrecken“, also Straßen mit erhöhtem Motorradaufkommen
handelt. Die Anwohner fühlen sich von den Motorrädern belästigt und haben sich
zum Teil in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. Besonders kritisch wird es,
wenn lokale „Promis“ an der Strecke wohnen, die ihre guten Beziehungen spielen
lassen.
Eine
dieser Streckensperrungen ist der ursprüngliche Anlaß für das Hambacher
Bikerfest. Keine zehn Kilometer Luftlinie entfernt liegt das malerische
Elmsteiner Tal. Auch dort heißt es in den Sommermonaten: wir Motorradfahrer müssen
am Wochenende draußen bleiben. Bereits seit vielen Jahren gibt es dort eine
Streckensperrung nur für Motorräder, die mit einer Häufung schwerer Motorradunfälle
begründet wird. Die kurvige Landstraße durch das Elmsteiner Tal hatte offenbar
manchen „Heizer“ dazu verleitet, seinen Schutzengel auf eine harte Probe zu
stellen. Zudem beschwerten sich die Anwohner über die Verkehrsbelastung und die
Störung ihrer sonntäglichen Ruhe.
Selbstverständlich
hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch seine Grenzen. Wenn
Anwohner einer viel befahrenen Ausflugsstrecke für Motorradfahrer am Wochenende
kaum noch zur Ruhe kommen, weil ihnen bei schönem Wetter von Freitag bis
Sonntag der infernalische Lärm aus ausgeräumten Auspuffanlagen das Leben zur
Hölle macht, ist auch das ein Eingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Das
Problem ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel, ebenfalls ein Grundprinzip unserer
Verfassung. Im Fall der unzumutbaren Lärmbelästigung kann man auch ohne den
Eingriff in die Grundrechte der Motorradfahrer etwas machen. Im Regelfall wird
der Lärm von illegalen Auspuffanlagen erzeugt. Die kann die Polizei im Rahmen
von Kontrollen problemlos aus dem Verkehr ziehen. Gleiches gilt für die „Raser“
auf den jeweiligen Strecken. Nichts spricht sich so schnell unter den
Betroffenen herum, wie regelmäßige Polizeikontrollen auf von Motorradfahrern
häufig genutzten Straßen.
Das
an vielen Stellen genannte Argument, man hätte dafür nicht genügend Einsatzkräfte,
ist eine Bankrotterklärung unseres Staates, die wir nicht akzeptieren. Ist
schon mal einer auf die Idee gekommen, in einigen bundesdeutschen Innenstädten eine
nächtliche Ausgangssperre zu erlassen, weil sich dort Überfälle auf Passanten
häufen, die Polizei aber nicht genug Beamte hat, das zu verhindern? Eine
absurde Idee ? Natürlich! Aber genau das passiert bei Streckensperrungen. Weil
sich einige nicht an die Regeln halten, werden kurzerhand alle ausgesperrt.
In den
letzten Jahren habe ich an dieser Stelle über die fragwürdigen Grundlagen der
Streckensperrung im Elmsteiner Tal berichtet. Das will ich heute nicht
wiederholen. Seit 1994, dem Jahr der ersten Sperrung, ist viel Wasser den Rhein
hinab geflossen. Mit den Maßnahmenpaketen des MVMot und den neuen technischen
Möglichkeiten, Motorradraser aus dem Verkehr zu ziehen, fällt die Argumentation
pro Streckensperrung in sich zusammen.
Wir
wollen mögliche Probleme nicht verniedlichen. Die Sperrung einer öffentlichen,
aus Steuergeldern finanzierten Straße für eine bestimmte Fahrzeugklasse ist
aber ein erheblicher Eingriff in garantierte Grundrechte. Dafür muß es zwingende
und alternativlose Gründe geben. Im Elmsteiner Tal kann ich die auch bei gutem
Willen nicht erkennen. Zynisch finde ich einen Satz aus der Begründung der Kreisverwaltung
für die Sperrung. Ich zitiere: „Daraus ergibt sich, dass auf das Motorradfahrverbot
im Elmsteiner Tal im Interesse aller Verkehrsteilnehmer, besonders der Motorradfahrer
selbst, nicht verzichtet werden kann.“ Mit anderen Worten: wir müßten uns
eigentlich bei der Kreisverwaltung dafür bedanken, daß die Strecke seit 20
Jahren in den Sommermonaten für Motorradfahrer gesperrt wird.
Ich
weiß, daß wir es im Fall Elmstein mit einem schwierigen Fall zu tun haben. Denn
die Fronten sind verhärtet und es gibt deutliche Signale, daß politischer
Einfluß zu dieser Streckensperrung geführt hat. Statt mit großer Inbrunst und
seit vielen Jahren dem heiligen St. Florian zu huldigen, sollte man es im
Elmsteiner Tal trotzdem mal mit der Erprobung intelligenter Lösungen
versuchen.
Gleichzeitig
würden die Elmsteiner damit auch ein anderes Problem in den Griff bekommen.
Seit Jahren gehen die Übernachtungszahlen im Tal deutlich zurück. Nennenswerte
Ansiedlungen von Wirtschaftsbetrieben sind nach Aussage von Experten nicht zu
erwarten. Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie im Elmsteiner Tal klagen
trotz aller Anstrengungen, den Tourismus zu fördern, über mangelnden Zulauf und
müssen schließen. Motorradtourismus könnte der Ansatz sein, das Problem dauerhaft
zu lösen. Das hat in anderen Regionen prima funktioniert. Dazu müßte man
allerdings auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Ein unrealistischer Traum?
Ich
fordere die Verantwortlichen erneut auf, rechtzeitig vor der nächsten Saison
ein umfassendes Konzept zur Vermeidung der Streckensperrung im Elmsteiner Tal
zu entwickeln und umzusetzen. Die Fahrerverbände stehen bereit, dabei zu
unterstützen. Deshalb soll an dieser Stelle noch einmal unsere Forderung
unterstrichen werden: die Streckensperrung für Motorradfahrer im Elmsteiner Tal
muß endlich weg.
Zum
Schluß meines Vortrags komme ich noch einmal auf meine einleitenden Worte
zurück. Unser diesjähriges Hambacher Bikerfest ist ein weiterer, wichtiger
Schritt der MID - Motorrad Initiative Deutschland e.V. im Kampf für die
Interessen aller Motorradfahrer. Denn durch diese Veranstaltung wird immer
wieder deutlich, daß der alte Spruch „getrennt marschieren - vereint schlagen“
seine Gültigkeit nicht verloren hat.
Die
Zusammenarbeit der Verbände hat sich nicht nur in politischen Fragen bewährt,
sondern auch bei der Vorbereitung und Durchführung der heutigen Veranstaltung.
Manches mußte auch in diesem Jahr „mit der heißen Nadel“ gestrickt werden. Denn
die Organisation liegt nun einmal nicht in den Händen einer professionellen
Event-Agentur, die sich hauptberuflich mit solchen Aufgaben beschäftigt. Die
Verantwortlichen vor und hinter den Kulissen machen das alles in ihrer knappen
Freizeit im Urlaub, abends und am Wochenende. Das soll an dieser Stelle noch
einmal deutlich herausgestrichen werden. Und dafür möchte ich mich hier noch
einmal ausdrücklich bedanken.
Auch
in den nächsten Jahren werden wir das Schloß als Kulisse für das Hambacher
Bikerfest nutzen. Vielleicht ist ja zum 17. Jubiläum des Hambacher Bikerfestes
das Thema Streckensperrung im Elmsteiner Tal endlich Geschichte. Dann müßten
wir uns einen neuen Aufhänger für unser Fest einfallen lassen. Aber ich bin
sicher, daß das niemanden traurig stimmen wird.
Schließen
möchte ich meine Ausführungen mit dem Aufruf, der schon meine Reden in den
letzten Jahren beendet hat: nur gemeinsam sind wir in der Lage, große Dinge zu
bewegen. Packen wir es an!
Vielen
Dank für Eure Aufmerksamkeit und Geduld.
Rolf
„Hilton“ Frieling
1.
Vorsitzender der MID – Motorrad Initiative Deutschland e.V.
Vorsitzender
der Biker Union e.V.
Feuerbachstraße
38, 60325 Frankfurt am Main
Tel.:
069 / 7 24 06 80, Mobil: 0171 / 6 80 23 76, frieling@t-online.de
2. August 2014